Pfadfinder sind eine Jugendorganisation im wahrsten Sinne des Wortes. Das Prinzip „Jugend führt Jugend“ haben die Pfadfinder in Deutschland von der Jugend- und Wandervogel-bewegung des 20. Jahrhunderts übernommen. Damals formulierten die Jugendlichen den Wunsch, ihr Leben „nach eigener Bestimmung, vor eigener Verantwortung und innerer Wahrhaftigkeit“ (sog. Meißnerformel von 1913) zu gestalten. Damit richteten sie sich gegen die straffen, staatlichen Erziehungsorganisationen im Kaiserreich und entsprachen den in etwa gleichzeitig entstandenen reformpädagogischen Bewegungen (beispielsweise einer Maria Montessori), die eine Erziehung „vom Kinde aus“ und nicht nach Maßstäben der Erwachsenen forderte.
Im Stamm Kondor ist die Idee „Jugend führt Jugend“ konsequent umgesetzt: Die ältesten Stammesmitglieder sind Anfang 20, die Verantwortlichen für die Sippen 14 bis 15 Jahre alt. Zum Selbstverständnis der älteren Pfadfinder gehört daher auch, dass sie sich nicht als aussenstehende, nicht in die Gruppe integrierte, womöglich noch eher passive „Leiter“ der Kleingruppe fühlen, sondern als „Führer“ – also als jemand, der die Sippe direkt anführt, der die Bedürfnisse, Wünsche und Ängste der Jüngeren umso besser nachvollziehen kann, als er nur unwesentlich älter ist.
Diese „Sippenführer“ übernehmen also Verantwortung für eine Gruppe von mehr oder weniger Gleichaltrigen. Sie gestalten selbst die Gruppenstunden und organisieren Fahrten und Lager. Unterstützt werden sie durch die langjährige Erfahrung anderer Sippenführer und durch inzwischen erwachsen gewordene Pfadfinder, die „den Rücken freihalten“ (z.B. durch Arbeit im Förderverein).
Zusätzlich nehmen alle Führer an einem 7-tägigen Seminar teil, das die PSD einmal im Jahr ausrichtet. Hier werden neben Grundlagen der Pfadfinderarbeit auch Themen wie Recht und Aufsichtspflicht und pädagogische Grundlagen vermittelt. In einer abschließenden Prüfung, die sowohl einen schriftlichen als auch einen praktischen Teil enthält, qualifizieren sich die Jugendlichen zu ihrer verantwortungsvollen Aufgabe. Auch Jugendliche, die eine Meute, also eine Gruppe von „Wölfligen“ im Grundschulalter führen wollen, nehmen an diesem Lehrgang teil. Die Gruppenstunden, Fahrten und Lager werden hier aber von einem ganzen Team aus Meutenführern gehalten und organisiert, wobei wir darauf achten, dass bei Unternehmungen der Wölflinge immer ein volljähriger Pfadfinder dabei ist.
Den Erfolg des Prinzips „Jugend führt Jugend“ zeigt sich eindrucksvoll in der nunmehr 40-jährigen Geschichte des Stammes Kondor und in der weit längeren Geschichte der Pfadfinderbewegung überhaupt. Jugendliche Sippen- und Meutenführer übernehmen selbstständig für sich und andere Verantwortung, verwirklichen ihre Ideen und überraschen durch eine Tatkraft, die beeindruckt.